Session 1: "Integrating integrity" - Integrität als Qualitätsdimension

Workshop

Qualität und Integrität sind Themen, die seit jeher eng mit der universitären Lehre, Forschung und auch mit der künstlerischen Integrität verknüpft sind. In beiden Bereichen hat die gesetzliche Verankerung und Professionalisierung der Hochschulen den Bedarf erhöht, diese Themen strukturiert auf verschiedenen Ebenen zu behandeln: auf der Policy-, Prozess- und Projektebene, der Strukturebene sowie auf der kulturellen Ebene, also der Ebene der Werte (Quality Culture, Integrity Culture) an Hochschulen.

Zum Input: Am Beispiel der "studentischen Abschlussarbeiten" wird aufgezeigt, dass das Management beider Themen in seiner strukturellen Rahmung sehr ähnlich ist und wie sich das Themenfeld "Integrität" in ein auf Quality Culture fokussiertes Qualitätsmanagement (QM) integrieren lässt, bzw in der Logik eines holistisch orientierten Qualitätsmanagements eigentlich bereits mitgedacht ist. Dabei wird auf unterschiedlichen Ebenen eines solchen holitischen Qualitätsmanagementsystems (Kultur- und Werteebene, Strukturebene, Prozessebene sowie, an der Spitze der „Pyramide“, die Ebene der handlungsleitenden Strategien und Policies) in einem ersten Schritt erörtern, welche Maßnahmen, Strukturen, etablierten Prozesse und Regeln im konkreten Fall dazu beitragen, Fragen der Integrität sowie der Qualität im Zusammenhang mit studentischen Abschlussarbeiten zu "managen".

Kultur und Wertebene: Sowohl der konkrete Umgang mit Qualität als der Umgang mit Integrität fußen auf den handlungsleitenden Werten bzw einer über lange Zeit gewachsenen Organisationskultur; im Qualitätsmanagementdiskurs wird dafür vielfach der Begriff „Qualitätskultur“ verwendet. Dies wird im Kontext studentischer Abschlussarbeiten besonders deutlich. Das Bewusstsein auf der Kultur- und Werteebene (z. B. im Zusammenhang mit schlechten Praktiken wie Betrug, Ghostwriting oder unlauterer Verwendung von KI) sowie der Arbeitsethos und der Anspruch an sich selbst (sowohl als Studierende*r als auch als Betreuer*in) spielen hier eine entscheidende Rolle. Diese Aspekte können durch verschiedene Maßnahmen, wie einen Code of Conduct oder spezifische Lehrveranstaltungen und Kurse, adressiert werden, wie unser Beispiel zeigen wird; erfordern aber in jedem Fall permanente Reflexions- und Aushandlungsschleifen

Strukturebene: Das Management von Themen sowie operativen Prozessen erfordert Strukturen innerhalb der Organisation, dh Rollen, Verantwortlichkeiten, Infrastrukturen. Das von uns beschriebene Beispiel zeigt die sozialen und technischen Strukturen, die zum Qualitätsmanagement der Integrität von Abschlussarbeiten an der WU geschaffen wurden.

Prozessebene:Aufbauend auf den geschaffenen Strukturen und Routinen ermöglichen und unterstützen Prozesse (und bisweilen auch Projekte, die erst noch zu Prozessen kristallisieren müssen) einen systematischen Umgang mit Qualitäts- und INtegritätsfragen. Beispielhaft erwähnt sei der standardisierte Prozessablauf für die Betreuung und Abgabe der Arbeiten.

Strategie- und Policyebene: Policies und Richtlinien legen die Spielregeln fest, die für die Verstetigung der Strukturen, Prozesse oder Projekte relevant sind und auch für einzelne Akteure handlungsanleitend wirken. Für unseren Case sind dies verschiedene Richtlinien, wie beispielsweise die „Plagiatsrichtlinie“, die Policy zur „Qualitätssicherung von Bachelorarbeiten“ oder die Policy zum „Hilfsmittelverzeichnis“.

Zum Workshop: Nach einem fachlichen Input, der die Schnittstelle von Qualität und Integrität anhand einer Fallstudie zu studentischen Abschlussarbeiten an der WU beleuchtet, wählen die Teilnehmer in Gruppenarbeiten Fallbeispiele aus ihren jeweiligen Institutionen aus. Diese werden gemäß der vorgestellten Logik (Verschneidung von Qualität und Integrität auf verschiedenen Ebenen) im Rahmen einer Blind Spot Analyse innerhalb der Gruppen diskutiert. Nach der Analyse präsentieren die Gruppen die unterschiedlichen Fälle im Plenum und verdichten die Inhalte konzeptionell.

 

Beitragende:

Karl Ledermüller, Leiter Abteilung für Evaluierung und Qualitätsentwicklung, Wirtschaftsuniversität Wien

Oliver Vettori, Dean of Accreditations & Quality Management, Direktor Programmmanagement und Lehr-/Lernsupport, Wirtschaftsuniversität Wien

Session 2: Konkrete Einblicke in den Umgang mit künstlicher Intelligenz (KI)

Kurzvorträge & Diskussion

Digitale Souveränität sichern – Qualität gestalten im KI-Zeitalter

Künstliche Intelligenz (KI) verändert die hochschulische Praxis in rasantem Tempo – mit tiefgreifenden Auswirkungen auf Forschung, Lehre, Verwaltung und die Qualitätssicherung. Hochschulen stehen damit nicht nur vor neuen Chancen, sondern auch vor Herausforderungen: Wie sichern wir wissenschaftliche Integrität, Datenschutz und ethische Bildung unter sich wandelnden technologischen Bedingungen? Dieser Beitrag richtet sich an Hochschulmitarbeitende aus Qualitätsmanagement, Hochschulentwicklung und Governance – und stellt die Perspektive einer Hochschule vor, die KI-Kompetenz nicht als optionales Extra, sondern als strategisches Zukunftsthema versteht. Im Zentrum stehen drei Leitfragen:

  1. Wie können wir als Hochschule den verantwortungsvollen Umgang mit KI fördern – über Fachbereiche und Funktionen hinweg?
  2. Welche strukturellen, regulatorischen und kulturprägenden Maßnahmen stärken wissenschaftliche und didaktische Integrität im Kontext generativer Systeme?
  3. Wie gelingt der Aufbau einer innovationsfreudigen und zugleich regelbasierten Qualitätskultur im Umgang mit KI?

Statt auf Tools und Einzelmaßnahmen zu fokussieren, beleuchtet der Vortrag Governance, Policy und Organisationsentwicklung und beschreibt systematische Maßnahmen, wie die Hochschule KI-Kompetenz als Querschnittsthema verankert – in Gremienarbeit, durch Regulative, Projekte, Verankerung in der Lehre, Fortbildung – und so an einem Mindset für verantwortungsvollen Umgang mit KI arbeitet.

Vorgestellt werden konkrete Steuerungsinstrumente wie KI-Leitlinien, risikoorientierte Qualitätsframeworks, Ombudsstellen und adaptive Weiterbildungsstrukturen. Dabei wird die Rolle von Qualitätsmanagement neu gedacht: als Gestaltungsressource für institutionelle Lernfähigkeit und verantwortungsvolle digitale Transformation. Offen benannt werden auch Spannungsfelder und Edge Cases des KI-Einsatzes – etwa die Balance zwischen Datenschutz und Autonomie von Lehre und Forschung oder zwischen impliziten Biases und Diversity-Zielen. Zum Abschluss erhalten Teilnehmende Einblick in ausgewählte Projekte, zentrale Learnings und offene Fragen – mit einer Einladung zur Diskussion: Wie positioniert sich Qualitätssicherung, wenn Hochschulen nicht nur KI nutzen, sondern Räume für ethische Technologiegestaltung und Chancengerechtigkeit eröffnen wollen?

 

Beitragende:

Vortragende: Mag.a Jeanna Nikolov-Ramírez, stellvertretende Leitung QM und Hochschulentwicklung, FH des BFI Wien
in Kooperation mit: Mag.a Evamaria Schlattau, stellvertretende Geschäftsführung FH des BFI Wien

 

Forschungstagebücher als Praxisbeispiel zur Stärkung wissenschaftlicher Integrität im Zeitalter der KI

Die systematische Förderung wissenschaftlicher Integrität stellt Hochschulen vor die Herausforderung, wirksame Instrumente zu entwickeln, die sowohl präventiv wirken als auch das Bewusstsein für integres wissenschaftliches Arbeiten schärfen (Brommer et al. 2023; Wannemacher und Bodmann 2021). Als Lösungsansatz und Praxisbeispiel wird das Forschungstagebuch als didaktisches Instrument vorgestellt, das Reflexion und Transparenz im wissenschaftlichen Arbeitsprozess fördert (Wulff et al. 2024). Es zielt darauf ab, einen Beitrag zur Bewusstseinsbildung und Motivation zur Auseinandersetzung mit wissenschaftlicher Integrität zu leisten.

Dieser Beitrag präsentiert erste Evidenzen aus der Implementierung von Forschungstagebüchern in berufsbegleitenden Masterstudiengängen. Das Konzept basiert auf drei zentralen Annahmen: Erstens fördert die regelmäßige Reflexion über den Arbeitsprozess selbstreguliertes Denken und die Entwicklung eigenständiger wissenschaftlicher Positionen (Zimmerman, 2000; Bosse & Trautwein, 2014). Zweitens schafft die Dokumentation Transparenz und erschwert das Übernehmen fremder Inhalte sowie den undokumentierten Einsatz von KI. Drittens ermöglicht die Offenlegung des individuellen Arbeitsprozesses eine objektivere Beurteilung der Eigenleistung und fördert die Zusammenarbeit zwischen Studierenden und Lehrenden.

 

Beitragende:

Marc Philipp Crepaz, Wissenschaftlicher Mitarbeiter, Tirol Institut für Qualität im Gesundheitswesen

Simone Davidsen, Wissenschaftliche Mitarbeiterin im Studiengang Qualitäts- und Prozessmanagement im Gesundheitswesen, FHG – Zentrum für Gesundheitsberufe Tirol

Eva Maria Jabinger, Studiengangsleitung FHG – Zentrum für Gesundheitsberufe Tirol & Leitung, Tirol Institut für Qualität im Gesundheitswesen

Session 3: Perspektiven auf künstlerische Integrität in Forschung und Lehre

Kurzvorträge & Diskussion

 
Do think twice … Kunstuniversitäre Perspektiven auf Integrität und Qualität in interdisziplinären Forschungskontexten
Wesentlicher Baustein der erfolgreichen disziplinären Verbreiterung der Universität Mozarteum Salzburg ist die kontinuierliche, in der Praxis erprobte, Weiterentwicklung und Förderung einer internen Forschungskultur, die künstlerische und wissenschaftliche Integrität als Voraussetzung forscherischer Qualität versteht. In interdisziplinären, gesamtinstitutionellen Projekten wie „Spot on MozART“, dem Stipendienprogramm „With Dylan on the Road“ oder der dauerhaft eingerichteten internen „Research Competition Mozarteum“ wurden und werden, neben der Umsetzung der jeweiligen Vorhaben, auf struktureller Ebene laufend übergeordnete Veränderungen und Herausforderungen für ein ebenen-übergreifendes Qualitätsverständnis identifiziert als auch reflektiert. In Zusammenhang mit den gesetzlichen Ausdifferenzierungen im Bereich der Qualitätssicherung ergibt sich insbesondere aus kunstuniversitärer Perspektive die dringende Notwendigkeit wissenschaftlich-künstlerische, ethische und rechtliche Kriterien neu in den Blick zu nehmen und in belastbare Strategien zu überführen bzw. bestehende Strategien produktiv zu adaptieren.
Anhand der vorgenommenen Fokussierung auf interdisziplinäre Forschungskontexte werden in unserem Beitrag deshalb theoretische Konzepte und praxisbezogene Beispiele aufeinander bezogen, um exemplarische, relevante Querschnittsaspekte wie „Intersubjektivität“, „Innovation“ oder auch „Kompetenz“ kritisch zu durchleuchten. Für eine konstruktive Auseinandersetzung mit den entsprechenden Implikationen ist hier insbesondere eine Auseinandersetzung mit Begriffsarbeit/Definitionen, dem Verhältnis zwischen Methoden und Prozessen oder auch der Schaffung bzw. Erhaltung für den kunstuniversitären Kontext besonders relevanten feldübergreifenden Verbindlichkeiten angezeigt. In einer Gegenwart, die unserer Einschätzung nach nicht zuletzt von einer Unterminierung kritischer Diskurse und ideologiegetriebener Homogenisierung künstlerisch-wissenschaftlicher Aktivitäten mitbestimmt ist, wollen wir vorsätzlich positiv-konstruktive Impulse und Good-Practice-Beispiele zur weiteren Ausgestaltung künstlerisch-wissenschaftlicher Integrität zur Diskussion stellen.
 
Vortragende:

Eugen Banauch, Leiter Abteilung Forschungsmanagement, Universität Mozarteum Salzburg & Vertreter Forum Forschung, uniko

Thomas Ballhausen, Universitätslektor und Leiter der Interuniversitäre Einrichtung Wissenschaft & Kunst, Universität Mozarteum Salzburg

 

Embedding Integrity Competences in Creative and Performing Arts Curricula: A Tuning CPAD Matrix Approach
Despite the ESG 2015’s broad consensus-driven remit, some see its standards as vague, unprescriptive, and insufficiently anchored in competence frameworks. Although the ESG references NQFs, the ECTS, and a learning-outcomes approach, it lacks the granular descriptors needed to operationalise integrity competencies within curricula.
The Tuning CPAD generic framework addresses these issues by offering eight specific dimensions at EQF levels 6–8. Each is based on the EQF and the Dublin descriptors, articulated in Knowledge, Skills and Autonomy reference frameworks. The latest Tuning-CALOHEE guidelines show how subject-specific frameworks could integrate with QA processes, creating clear mapping pathways for integrity competencies.
The presentation demonstrates how the Tuning CPAD (Creative and Performing Arts & Design) generic reference framework can systematically incorporate academic integrity competencies in program design. As co-author of the CPAD Framework, Leander Gussmann will introduce the original CPAD dimensions and present a revised matrix in which integrity aspects (e.g., critical judgment, ethical decision-making, transparent communication, reflective autonomy) are explicitly mapped onto each descriptor. The presentation will include the Integrity-Mapped CPAD Framework, illustrating how Knowledge nodes encompass institutional policies and EHEA values (honesty, trust, fairness, respect, responsibility, courage). For example, Skills descriptors specify ethical decision-making scenarios and source management tasks, and Autonomy outcomes enable self-regulated integrity choices and peer mentoring capacities. Finally, I will give practice examples—such as sample teaching, learning, and assessment rubrics—so the audience will see concrete QA mechanisms.
 
Beitragender:
Leander Gussmann, Artistic Research Center (ARC),  mdw – University of Music and Performing Arts Vienna

Session 4: Ethik und Integrität in der Forschung an Pädagogischen Hochschulen - Empfehlungen, Checkliste, Diskursräume

Workshop

 

Was bedeutet es, wissenschaftlich integer zu forschen – und wie lässt sich dies an Pädagogischen Hochschulen systematisch verankern? Der Workshop stellt die Empfehlung des AKQM zur „Ethik und Integrität in der wissenschaftlich berufsfeldbezogenen Forschung“ vor. Im Zentrum steht eine praxisnahe Checkliste, die Forschende bei der verantwortungsvollen Gestaltung von Forschungsvorhaben unterstützt – von der Planung über die Durchführung bis zur Veröffentlichung. Gemeinsam mit den Teilnehmenden werden Umsetzungsmöglichkeiten, Herausforderungen und Entwicklungspotenziale im Hochschulkontext diskutiert. In Kleingruppen analysieren die Teilnehmenden typische Fallvignetten aus dem Forschungsalltag anhand der Kriterien aus der Checkliste. Im Anschluss soll eine moderierte Diskussion unterschiedliche Perspektiven zusammenführen und damit einen Raum für kollegiale Orientierung und kritische Reflexion ermöglichen.

 

Beitragende:

Patrick Pallhuber, Leitung Stabstelle Hochschulentwicklung, Pädagogische Hochschule Tirol

Sybille Roszner, Leitung Stabstelle Qualitätsmanagement und Personalentwicklung, Pädagogische Hochschule Wien

Session 5: Strategien zur Verankerung von wissenschaftlicher Integrität und Forschungsethik an der Hochschule Campus Wien

Workshop

Um den Anforderungen hinsichtlich akademischer und wissenschaftlicher Integrität sowie Forschungsethik zu entsprechen und auf aktuelle Herausforderungen zu reagieren, verfolgt die Hochschule Campus Wien ein Bündel an Maßnahmen. Dazu zählen u.a. die Gründung hochschulweiter Arbeitsgruppen zur guten wissenschaftlichen Praxis, die Integration von Forschungsethik in die Prozesse der internen Projektfreigaben oder die die Bereitstellung von Informationen zum Forschungsdatenmanagement. Dabei verfolgt die Hochschule Campus Wien im Sinne der Nachhaltigkeit die Strategie, dass bei der Entwicklung der genannten Maßnahmen verschiedene interne Abteilungen und Departments zusammenarbeiten.

Der Workshop wird in diesem Geiste gestaltet, indem ausgewählte Strategien zur Verankerung von wissenschaftlicher Integrität und Forschungsethik von Mitgliedern der Ethikkommission und der Akademischen Hochschulentwicklung vorgestellt und zur Diskussion gestellt werden: Ein erster Schwerpunkt des Workshops ist die Vorstellung der interdisziplinären Forschungs-Ethikkommission der Hochschule Campus Wien. Wir thematisieren ihre Aufgaben sowie ihre Vernetzung mit anderen Gremien und Ethikkommissionen. Es werden die spezifischen Erfahrungen aus der interdisziplinären Zusammensetzung der Kommission behandelt. Die interdisziplinäre Zusammensetzung der Ethikkommission ist gegeben, weil die verschiedenen Departments der Hochschule Campus Wien vertreten sind, die von Expert*innen außerhalb der Hochschule Campus Wien unterstützt werden. Im Workshop wird anhand von Beispielen diskutiert, in welcher Weise der disziplinübergreifende Austausch innerhalb der Ethikkommission wichtig ist, um forschungsethische Grauzonen – die über vorliegende Richtlinien nicht abgedeckt sind – beurteilen zu können. Im Workshop wird dabei auch die Frage diskutiert, ob und in welcher Weise solche forschungsethischen Reflexionen nicht nur Eingang in die Begutachtung von Forschungsprojekten finden können, sondern auch in die hochschulische Lehre. Dies bildet den zweiten Schwerpunkt des Workshops, der sich mit der Verankerung wissenschaftlicher Integrität in den Studienprogrammen der Hochschule Campus Wien befasst. Diese Weitergabe der Grundsätze guter wissenschaftlicher Praxis an Studierende ist ein wesentlicher Beitrag zur Erhöhung der gesellschaftlichen Relevanz wissenschaftlicher Integrität. Dazu ist es erforderlich, dieses Thema auf mehreren Ebenen systematisch in die curricularen Entwicklungs- und Weiterentwicklungsprozesse einzubetten. Als Ausblick stellt der Beitrag zwei Varianten eines neu entwickelten GWP-Assessments vor. Dieses erlaubt entweder in einer Fremd-, oder in einer Selbsteinschätzung die Bewertung aller Maßnahmen zur Sicherstellung wissenschaftlicher Integrität an der jeweiligen Hochschule. Damit kann es entweder qualitätssichernd die Einhaltung von Mindeststandards überprüfen, oder in der Selbsteinschätzung zur Weiterentwicklung der jeweiligen Hochschule beitragen. Der Workshop verfolgt insgesamt das Ziel, diese beiden Schwerpunkte – auch mit Blick auf strukturell-institutionelle Verzahnung – verbunden zu halten.

Beitragende:

Autor*innen:

Maria Fürstaller, Vorsitzende der Ethikkommission, Hochschule für Angewandte Wissenschaften Campus Wien

Georg Hochfellner, Leiter Akademische Hochschulentwicklung, Hochschule für Angewandte Wissenschaften Campus Wien

Mitautor*innen: Putz Peter, Brandstetter Karl, Haslinger-Baumann Elisabeth   

Session 6: Integrität und Qualitätssicherung

Kurzvorträge & Diskussion

 

A holistic strategy for a culture of integrity

The changes to the Austrian higher education law that entered into force in 2024 set integrity centre stage for Austrian higher education institutions (HEIs). HEIs are now tasked with integrating the legal changes into their statutes and specifying strategies that ensure good scientific practice, prevent academic misconduct and, more generally, foster a culture of integrity and quality. The legal text refers to integrity in academic studies, teaching and research, thus operating with a broad concept of integrity. For HEIs this means that integrity and measures designed to cultivate it need to pervade all areas of academic life. This calls for holistic institutional strategies that address integrity across these areas in a consistent and coherent way.

While there is a substantial body of literature available on the theory and practice of research integrity as well as on academic integrity, up to now their interrelations have been made less explicit. However, a stable conceptualisation of their relationship is crucial for the development of an integrity strategy that comprises all areas of studying, teaching, and conducting research.  In our contribution, we offer a processual conceptualisation of the relation between academic integrity and research integrity, given that a culture of integrity entails socialization processes that need to be institutionally embedded and well supported. Based on this, we discuss a holistic integrity strategy for TU Wien. It comprises the development and implementation of a Research Integrity Promotion Plan (RIPP) and considers the cultivation of responsible academic practices as a foundation for responsible research practices. The integrity strategy builds on established processes at TU Wien, develops them further, and includes first insights from the project Fostering Responsible Academic Mindsets and Ethics (FRAME).

 

Beitragende:

Susanne Oechsner, Center for Strategic Development in Education, Technische Universität Wien

Marjo Rauhala, Senior Advisor for Research Ethics and Head of Service Unit of Responsible Research Practices, Technische Universität Wien

 

Stärkung von Integrität in der Angewandten Forschung – Erkenntnisse aus 5 Jahren MCI Ethikkommisson

Im Jahr 2020 hat das MCI, die Unternehmerisches Hochschule®, eine Ethikkommission eingerichtet, um das Bewusstsein in Bezug auf ethische und moralische Fragen im Zusammenhang mit angewandter Forschung zu stärken und um den Schutz von in die Forschung am MCI involvierten Personen und die Einhaltung ethischer Standards sicherzustellen. Die MCI Ethikkommission tritt dabei als ein unabhängiges Gremium auf, das ein breites Spektrum an Interessen vertritt. Sie arbeitet auf der Grundlage institutioneller Richtlinien (einer Satzung und seit 09/2022 einem eigens dafür von der Ethikkommission geschaffenen Ethikkodex), rechtlicher Rahmenbedingungen und wissenschaftlicher Standards, sowie relevanten nationalen und internationalen Empfehlungen.   Die Kommission besteht aus insgesamt acht Mitgliedern, die aufgrund ihrer Expertise von den drei Kurien des MCI Hochschulkollegiums (2 Personen pro Kurie) sowie der Kollegiumsleitung (1 Person) und dem Erhalter (1 Person) vorgeschlagen werden. Von den Mitgliedern werden relevante Qualifikationen, die Teilnahme an entsprechenden Arbeitsgruppen aber auch gewisse rechtliche und methodische Kenntnisse erwartet. Die Kommission berichtet regelmäßig an die MCI Hochschulkollegiumsleitung und den Erhalter.  Die Hauptaufgabe der Ethikkommission besteht in der Bewertung von geplanten Bachelor-, Master- und Doktorarbeiten sowie von Forschungsaktivitäten nach ethischen und moralischen Gesichtspunkten. Dies geschieht auf Basis eines eigens dafür geschaffenen Ethik Assessment Formulars, welches von Studierenden bzw. Forschenden auszufüllen und je bis zum letzten Tag eines Monats einzureichen ist. Eine Erstprüfung erfolgt dann auf der Ebene eines Studiengangs/Departments, welches als ethisch kritisch bewertete Assessments in Folge an die Ethikkommission weiterleitet. Diese trifft sich einmal im Monat um kritische Assessments zu evaluieren und einen entsprechenden Feedbackkommentar mit Empfehlungen an Einreichende zurückzuspielen.

Seit dem offiziellen Start der MCI Ethikkommission wurden bereits mehr als 400 solcher Feedbacks ausgestellt, was speziell bei Studierenden aber auch bei Betreuer:innen zu einer signifikanten Sensibilisierung für das Thema Forschungsethik geführt hat. Zusätzlich zum Ethikkodex hat die Kommission auch verschiedene Formulare, Vorlagen und Prozessbeschreibungen für Forschende und Studierende erstellt. Auch wurden entsprechende Lehrinhalte zum Thema Forschungsethik für den Einsatz in Lehrveranstaltungen zu wissenschaftlichem Arbeiten erstellt und es wurden jährliche Schulungen für Mitarbeiter:innen durchgeführt.  Auch wenn wir mit Stolz auf das Ergebnis dieser 5-jährigen Aufbauarbeit blicken, so war der Weg dorthin nicht immer einfach. In diesem Kurzvortrag wollen wir daher nicht nur unseren Umgang mit Integrität in der angewandten Forschung am MCI darlegen, sondern auch die Herausforderungen erläutern, denen wir in den letzten 5 Jahren begegnet sind, und die Lehren aufzeigen die wir daraus gezogen haben. Wir wollen damit zeigen, dass auch in der angewandten Forschung, wie sie an Fachhochschulen und Hochschulen für Angewandte Wissenschaften durchgeführt wird, forschungsethische Fragen kritisch diskutiert werden können und müssen, und es so auch möglich ist, internationale Vorgaben im Bereich Forschungsintegrität (beispielsweise für die Publikation von Forschungsergebnissen in renommierten wissenschaftlichen Fachzeitschriften) angemessen zu erfüllen.

 

Beitragender:

Stephan Schlögl, Professor für Human-Centered Computing, Forschungskoordinator für Management & Gesellschaft, Vorsitz Ethikkommission, MCI Management Center Innsbruck – Internationale Hochschule

Session 7: Gesamtheitliche Ansätze zur künstlerischen Integrität

Kurzvorträge & Diskussion

Kunst als reflexive Praxis: Überlegungen zur hochschulischen Rahmung künstlerischer Integrität

Die Forderung nach der institutionellen Verankerung künstlerischer Integrität hat im Zuge der Novellierung des HS-QSG (§ 2a) eine neue Dringlichkeit erhalten. Doch was bedeutet künstlerische Integrität jenseits analoger Übertragungen aus dem wissenschaftlichen Bereich? Und wie lässt sich ein solch kontextsensibler, prozessoffener und ambivalenter Begriff hochschulstrukturell fassen, ohne künstlerische Praxis auf normierte Kategorien zu reduzieren?

Der Beitrag diskutiert diese Fragen am Beispiel der Stella Vorarlberg Privathochschule für Musik, an der im Jahr 2025 ein systematischer Entwurf zur hochschulischen Implementierung künstlerischer Integrität in Form eines eigenständigen Satzungsparagrafen erarbeitet wurde. Ein zentrales Ziel war dabei die Entwicklung eines tragfähigen Hochschulverständnisses künstlerischer Integrität, das künstlerisches Schaffen als reflexiven Prozess begreift und zur bewussten Auseinandersetzung mit den ethischen, gesellschaftlichen und gestalterischen Bedingungen künstlerischer Praxis anregt.

Gleichzeitig reflektiert der Beitrag zentrale Spannungsfelder, die mit der institutionellen Kodifizierung künstlerischer Integrität einhergehen. Die Operationalisierung eines Konzepts, das auf Kontextsensibilität, Reflexion und Verantwortung beruht, steht in einem gewissen Widerspruch zur Eigenlogik künstlerischer Praxis, die häufig durch Intuition, Ambivalenz, Scheitern oder Offenheit geprägt ist. Was bedeutet Transparenz in einem Prozess, dessen Ergebnisse sich kategorialer Eindeutigkeit entziehen? Welche Risiken birgt es, ethische Leitprinzipien in formalisierte Regelwerke zu überführen, ohne dabei die produktive Unbestimmtheit und Irritationskraft von Kunst zu nivellieren?

Anstelle einer Präsentation von „Best Practice“-Beispielen versteht sich der Beitrag als reflexives Fallbeispiel einer Privatmusikhochschule, bei dem nicht die Vorstellung eines abgeschlossenen Modells, sondern die kritische Auseinandersetzung mit den Möglichkeiten und Grenzen künstlerischer Integrität im Mittelpunkt steht. Dabei orientieren sich die zugrunde liegenden Prinzipien am hochschulspezifischen Verständnis von „Entwicklung und Erschließung der Künste“, das auf kontinuierlicher Selbstbefragung, Prozessreflexion, Repräsentationsverantwortung, sorgfältiger Dokumentation künstlerischer Arbeit sowie einem informierten Umgang mit Quellen, Kollektiven und kultureller Differenz basiert. Der Beitrag plädiert für ein Verständnis künstlerischer Integrität als offenes Orientierungskonzept, das Differenz und die Prozesshaftigkeit künstlerischen Arbeitens nicht in normativen Kategorien aufzulösen versucht, sondern als produktive Dimension ernst nimmt. Ziel ist es, zum sektorübergreifenden Dialog über Formen und Ermöglichungsbedingungen integren Handelns an der Schnittstelle von Kunst, Ethik und Institution anzuregen.

 

Beitragender:

Bernhard Achhorner, Leitung Forschungsservice, Stella Vorarlberg Privathochschule für Musik

 

Über selbstbestimmte und selbstverpflichtete künstlerische Praxis und Redlichkeit

Wer andere behindert, unerlaubte Instrumente nutzt, unerlaubte Leistungen anderer einbringt oder sich aneignet sowie Evidenzen vortäuscht, agiert nicht redlich, und das gilt auch für die Forschung und die Lehre, für die Kunst und für die Wissenschaft. Diese Einschätzung ist konkreter Ausdruck dessen, was auf Basis permanenter gesellschaftlicher Ausverhandlung ethischer, rechtlicher, institutioneller und fachlicher Selbstverständnisse mit der Praxis gestaltet wird und sich diesbezüglich Räume schafft und sichert. Es ist wichtig, sich dazu auszutauschen und Maßnahmen zu entwickeln, um auszuloten, wie Redlichkeit verstanden werden kann. Denn was Redlichkeit konkret bedeutet, ist nicht normiert, weder in der Kunst noch im Leben.

Wir schlagen folglich vor, dass der Begriff der „künstlerischen Integrität“ nicht geführt werden sollte – dieser findet sich übrigens so auch nicht im Gesetz, wo von Integrität im jeweiligen Bezug hingewiesen wird, eben aber nicht als geschlossener Begriff (UG § 2, 3a.; § 3, 12.) – da es sonst zu unklaren Überlagerungen von Bedeutungen und Zuschreibungen, zu Übertragungen kommen kann. Es hat sich schon gezeigt, dass der „Begriff der „künstlerischen Praxis“ ebenso wie jener der „künstlerischen Qualität“ im jüngsten Hochschulrechtspaket im Sinne der „Entwicklung und Erschließung der Künste“ viele Deutungen zulässt und sogar als missverständlich gesehen werden kann. Künstlerische Praxis und Forschung erfordern andere Logiken”, heißt es in der Dokumentation der AQ Austria Konferenz 2024. Der gesetzlich definierte Differenzierungssprozess und die bereits eingebrachte Kritik an der Engführung von Kunst und Integrität sind uns Grundlage dafür, herauszuarbeiten, dass Integrität nicht in adjektivischer Form künstlerisch als fixiert verstanden werden kann, sondern als etwas, das gelebt und fortlaufend reflektiert werden muss.

Der Beitrag wird anhand konkreter Beispiele zeigen, dass gerade eine künstlerisch informierte Integrität sich vielleicht darin beweisen muss, Grenzen zu überschreiten und Krisen eben kritisch zu verstehen, damit sich das Verstehen verändert und besser verstanden werden kann – auch und gerade vielleicht dann, wenn Grenzen des guten Geschmacks erreicht sind; und zwar immer in intensiver Auseinandersetzung mit allen, die praktisch aktiv sind, denn sie tragen die Verantwortung für ihr Feld und dessen Integrität, sie wissen am besten, was in welchem Fall zu tun und zu unterlassen ist. Agenturen wie die ÖAWI sind genau dafür eingerichtet, quasi als Sensibilisierungs- und moderierende Vermittlungsinstanz eines Peergesprächs jener, die im Feld aktiv sind, und selbst ausloten, was geht und redlich ist, war oder wird. Und zuletzt ist diese selbstverständliche Selbstverpflichtung auch genau das, was die Gesellschaft gesamt formt, durch all ihre Felder der Redlichkeit in Interaktion und Autonomie, denn “Der Zeit ihre Kunst, der Kunst ihre Freiheit” (Ludwig Hevesi) und diese Freiheit ist vielleicht auch die der Wissenschaft, denn wie heißt es so treffend: “Die Wissenschaft und ihre Lehre ist frei”.

 

Beitragende:

Alexander Damianisch, Leitung Bereich Support Art and Research, Universität für angewandte Kunst Wien

Martina Schöggl, Leitung Stabsstelle Universitätsentwicklung und Qualitätskultur, Universität für angewandte Kunst Wien

Session 8: Integritätsnetzwerke effizient nutzen

Workshop

 

Forschung ist notwendigerweise kollaborativ und international. Dem entsprechend gibt es nicht nur institutionell und nationale Organisationen und Netzwerke, die sich dem Schutz und der Förderung wissenschaftlicher Integrität widmen, sondern auch auf europäischer und globaler Ebene. Verderben viele Köche den Brei? Oder anders gefragt: Wie müsste die Arbeit aller Beteiligten in Richtung der gemeinsamen Ziele so koordiniert werden, dass sie zu für Forschungsinstitutionen praktisch nutzbaren und umsetzbaren Resultaten führt? Wie können Forschungsinstitutionen das Angebot bestehender Netzwerke für sich nutzbar machen? Gibt es inhaltliche oder Zielgruppen-spezifische Lücken in der jetzigen Netzwerklandschaft?

 

Dieser Workshop geht diesen Fragen wie folgt nach:

Zunächst werden Aufgaben und Angebot nationaler (ÖAWI, Ombudsstelle für Studierende) und internationaler (z.B. European Network of Research Integrity Offices (ENRIO), European Network for Academic Integrity (ENAI), Orientierung zu transnationaler Fallbearbeitung (OTF), CoE Platform on Ethics, Transparency and Integrity in Education (ETINED)) Netzwerke im Bereich wissenschaftliche Integrität kurz vorgestellt.

 

Anschließend widmen wir uns spezifisch den Herausforderungen in vier aktuellen Themenbereichen – KI, Forschungssicherheit, Training zu wissenschaftlicher Integrität für alle Stufen von Forschungskarrieren und Infrastruktur und Prozesse zur Abwicklung von Verdachtsfällen auf wissenschaftliches Fehlverhalten – und stellen uns die folgenden Fragen:

  • Angesichts großer Herausforderungen, die begrenzten Ressourcen gegenüberstehen, auf welcher Ebene (institutionell, national, international) sollten/könnten welche Aspekte am sinnvollsten bearbeitet werden?
  • Wie muss die Kommunikation zwischen den Ebenen organisiert sein, sodass sowohl Anliegen als auch Ergebnisse zeitnah und in hoher Qualität geteilt werden können?
  • Welche Schritte kann jede:r auf institutioneller und wir alle auf nationaler Ebene setzen, um die bestmögliche Balance zwischen individueller Anstrengung, Kollaboration und Nutzung der Angebote anderer zu finden?

Beitragende:

Sabine Chai, Geschäftsführerin, Österreichische Agentur für Wissenschaftliche Integrität (ÖAWI)

Anna-Katharina Rothwangl, Leiterin der Ombudsstelle für Studierende, Bundesministerium für Frauen, Wissenschaft und Forschung (BMFWF)